Ich kann euch versichern, dass ihr auf dem richtigen Weg seid – doch das Resultat hängt nur von euch selbst ab. Wenn ihr Yoga übt, werdet ihr die Antworten erhalten, die ihr in eurem Leben gesucht habt. Wenn ihr aber nicht übt, werden sie ausbleiben. Antworten auf intellektuellem Niveau sind zu wenig. Sie müssen erfahren werden.

Die Vedanta-Philosophie, eine der erhabensten Philsophien der Welt, fordert uns auf: Überwinde die Dualität (Dvaita). Die Wahrheit erfährst du, indem du zur Einheit (Advaita) vordringst.

Eko Brahma – Gott ist Einer, die Wahrheit ist Eine.
Dualität ist veränderlich, wandelbar und daher unwirklich.

Adi Guru Shankaracharya gibt uns ein leicht verständliches Beispiel: Nimm verschiedenartige goldene Schmuckstücke – Ohrringe, Ketten, Armbänder, Ringe, Halsbänder... . Sie alle schauen unterschiedlich aus, aber ihre Essenz, ihre "Realität" ist nur eine: Gold.

Genauso gibt es mannigfaltige Lebewesen – Menschen, Säugetiere, Fische, Vögel, Insekten... Ja, es gibt natürliche Unterschiede zwischen ihnen – der Weise aber sagt: Diese Unterschiede bestehen nur im Körper, nicht in ihrer Realität, und die Realität ist das göttliche Selbst, der Atma, das Licht Gottes, das in allen lebt, in Tieren ebenso wie in Menschen.

Noch ein Beispiel: Wolken steigen aus dem Ozean auf. Sie sind Wasser vom Ozean, aber wir nennen sie nicht mehr "Ozean", sondern "Wolken". Wenn die Wolken als Regen auf die Erde fallen, sagen wir nicht: "Der Ozean fällt herab.", oder "Die Wolken fallen herab.", sondern wir sagen: "Regen fällt.". Form und Namen haben sich verändert, doch die Essenz ist dieselbe geblieben: Wasser. Der Regen bildet kleine Rinnsale, diese vereinigen sich zu Bächen und diese wiederum fließen in einen Fluss. Der Fluss mündet schließlich in den Ozean. So schließt sich der Kreislauf, und das Wasser ist zu seinem Ursprung zurückgekehrt.

Dualität besteht nur in der äußeren Erscheinung, Form und Quantität – nicht jedoch in der Essenz, in der Qualität.

Die Realität erkennen wir nur durch die Praxis.
Theoretisches Wissen erzeugt Dualität.
Praxis erschafft Einheit.

Auch dafür gibt es ein sehr einleuchtendes Beispiel: Es gibt zwei Arten von Pferden. Eines steht in der Koppel am Bauernhof, das zweite hängt als Bild an der Wand. Beide sind eindeutig "Pferde" – nicht einmal ein Kind würde das bestreiten. Reiten aber können wir nur auf dem "wirklichen Pferd", nicht auf dem gemalten. Genau das ist der Unterschied zwischen Praxis und Theorie. Nur die Praxis kann uns Erfahrungen vermitteln, die Theorie bleibt trocken und leer.

Je mehr der Intellekt einseitig betont und entwickelt wird, desto mehr leidet die praktische Erfahrung. Nur durch ein rechtes Gleichgewicht zwischen Intellekt und Praxis wirst du zum Wissenden und Weisen.

Der erste Schritt im Yoga ist deine Entscheidung, dass du es üben möchtest. Der zweite Schritt ist, dass du weißt, warum du übst, was das Ziel ist, das du erreichen willst.

Du bist nun an dem Punkt angekommen, wo du dich fragst: "Was ist der Sinn dieses Lebens?"

Du fragst dich:

"Wer bin ich?"
"Woher bin ich gekommen?"
"Was war der Grund meines Kommens?"
"Tue ich das, wofür ich hierher gekommen bin?"

und schließlich:

"Wohin werde ich gehen?"

Nur als Menschen haben wir die Chance, dem Karma zu entrinnen, das uns in den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt zwingt. Versäume diese Chance nicht.

In einem Bhajan sagt Holy Guruji: "Wach auf, Bruder! Du bist im tiefen Schlaf der Unwissenheit gefangen, der dir viel Leid bringen wird."

Stelle dir vor, du bist auf einer Insel gestrandet und ein Flugzeug kommt, das dich retten und mitnehmen kann. Wenn du schläfst, fliegt es ohne dich ab und du versäumst diese kostbare Gelegenheit, von der du nicht weißt, wann sie wiederkehren wird.

Der Zug, der vom Bahnsteig abfährt, kehrt nicht mehr zurück. Wenn du die Chance dieses Lebens versäumst, ist sie unwiederbringlich vorbei. Und du weißt nicht, wann eine solche glückliche Konstellation wieder eintritt.

Du weißt nicht, wann der Tod in dein Leben tritt. Der Tod begleitet uns immerzu. Er wartet nur auf seine Gelegenheit. Wir wissen nicht, wann, wo und wie – das einzige, was wir wissen, ist, dass es einmal soweit sein wird. Doch wir ignorieren dieses Wissen und verzetteln uns in unseren kleinen weltlichen Freuden und Sorgen.

Was wir getan haben, gehört uns. Das kann uns keiner mehr nehmen. Praktisches Wissen ist das Pferd, das uns zum Ziel bringen kann. "Tonnen von Theorie sind nichts im Vergleich mit einem Gramm Praxis."

Nur du selbst kannst dir helfen – durch Übung und Praxis.